16.09.11

Stadtbummel

Montag. Regen. Grau. Scheiß Welt, besonders weil es August ist und somit Hochsommer sein sollte. Ich quäle mich aus dem Bett und bin froh den ganzen Tag frei zu haben. Slasher ruft an. >>Kaffee trinken? << - >>Ja, muss aber noch zum Friseur.<<, antworte ich.>> Ein Uhr, Dom? <<->>Jo.<< Wunderbar kurz bleibt diese Konversation, da wir uns noch beide in den Untiefen des Schlafes befinden.
Duschen, Fahrrad, Friseur - Friseur, denke ich auf dem Rad, was für ne scheiß Idee bei dem Dreckswetter. Blabla, jaja, blödes Wetter ich weiß, das war's mit der kurzen Konversation. Ich höre mir triviales Gerede über meine Frisur an.“Ja, ist ganz wirres Haar, näch. Wie lange waren Sie nicht mehr hier?“ Aha, ja, hmm und so weiter. Ja, sieht gut aus. Danke. Fünfzig Cent Trinkgeld mehr ist nicht drin. Tschüss.
Am Dom angekommen warte ich auf Slasher und habe meinen Kaffee längst leer getrunken bevor er kommt. Komische Touristen ziehen an mir vorbei, knipsen sich vor alten Gebäuden und tragen ekelhaften Frohsinn auf ihren Gesichtern. Gut gelaunte Menschen an schlechten Tagen machen schlechte Tage noch schlechter, irgendwie. Egal. Slasher ist da. >>Warum is'n der Kaffee kalt.<<, fragt er und ich sage: >>Weil die die Kaffeebohnen jetzt immer tiefgefroren lagern um die Haltbarkeit zu verlängern.<<->>Fick dich<<, antwortet er. Es wird ein guter Tag, denke ich. >>Lass uns mal neuen holen.<<, bittet er mich und ich willige ein ihn bei Starbugs zu kaufen.
Auf dem Marktplatz, über den wir nun schreiten, hat sich wie jeden Montag eine „Demo“ angesammelt von vielleicht zehn Menschen die Plakate in die Luft halten auf denen: „Nie wieder Krieg oder NPD-Verbot SOFORT !!!“, steht. Sehr passend das Slasher und ich mit unseren T-shirts, auf denen der deutsche Reichsadler mit in den Lorbeerkranz eingebautem PEACE- Zeichen aufgedrückt ist, vorbei laufen. Verdutzte Blicke dieser 10 Menschen die zusammengerechneten ein gut 1000 jähriges Alter aufweisen dürften und Glücksgefühl bei uns. Sie haben es nicht verstanden.
Die durch unsere T-shirts verkörperte Dualität des Menschen schlägt mir nun auch erbarmungslos bei Starbugs ins Gesicht. An gut gezimmerten Holztischen sitzen Vertreter der H&M Retorten-Mode die sich allem Anschein nach alle Gegenseitig geklont haben. Es wird Fair-Trade Kaffee getrunken damit der kleine schwarze Mann in Ghana auch mal was zu beißen hat, während auf Apfel-Notebooks rumgetippt wird wie ein anderer kleiner schwarzer Mann der Minderjährig in Stollen rum kriechen muss, um für das Notebook des Rumtippenden wertvolle Edelmetalle zu sammeln.
Wir durchforsten die Angebotsliste und verstehen nicht warum ein kleiner Kaffee mit „tall“ beschriftet wird. Vielleicht um die Anwesenden in ihrer Pseudo-Intellektualität zu bestärken? Man weiß es nicht. Der Junge Mann am Tresen nimmt unsere Bestellung auf und erklärt uns mit einem ekelhaft unechten Lächeln: „Ich hab noch nen bischön Luft gelassen für Milch und Zucker.“ Achso, denke ich, so sehen moderne Sparmaßnahmen also aus. 2 cl weniger Kaffee rentieren sich wohl bei mehreren Tausend Filialen.
Ich bitte Slasher kurz meinen Kaffee zu halten, der für den Flüssigkeitsverlust mit Unmengen Zucker und Milch vergewaltigt wurde, und gehe pissen damit ich wenigstens auf irgendeine Art dieses Etablissement beschmutzen kann. Hätte ich bloß mal gut gefrühstückt.
Slasher und ich schnacken so ein bisschen und bleiben schließlich vor einem Saturn Plakat stehen. „GEIL ist GEIL“, versichert mir dort ein übertrieben debil-grinsender Herr. Ich überlege und mir wird bewusst das Adolf Hitler in „mein Kampf“geschrieben hat das der Fuchs immer ein Fuchs sei. Das dieser Herr nicht von hohem Bildungsniveau war ist heutzutage jedem sehr bewusst, aber das die Werbetexter von Saturn sich so offensichtlich ihres Intellekts entledigt haben ( ihrer Seele bestimmt auch) wundert mich dann doch.
Die Wolken sind verzogen, der Himmel ist wieder blau, der Kaffee noch heiß, die Weser noch dreckig und die Touristen immer noch am Fotografieren. Das Leben geht weiter und wir nach Hause.

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